HEIDELBERG – STREETART TOUR BY BIKE

sweetuno Formula76 Karlsruher Strasse 80

Hört man „Heidelberg„, poppt in jedem Gehirn unwillkürlich ein Konglomerat aus Schloss, pittoresker Altstadt und fotografierenden Touristen auf – aber das ist bei Weitem nicht alles!

Meine Lieblingsstadt hat sich zu einem Hotspot für Streetart entwickelt.

LONDON, PARIS, HEIDELBERG …

Wenn es um Streetart geht spielt Heidelberg mittlerweile bei den ganz Großen mit und dafür gibt es einen Grund.

Seit 2015 bespielt das Kunstprojekt und Streetart-Festival METROPOLINK die Wände, Flächen und Bezirke meiner Stadt. Im Rahmen dieses Kunstfestivals besuchen jedes Jahr aufs Neue weltweit bekannte Künstler*innen Heidelberg und schaffen großartige Kunstwerke im öffentlichen Raum.

„METROPOLINK versteht die künstlerische Intervention im öffentlichen Raum als eine Möglichkeit, diesen für die Gemeinschaft wiederzugewinnen“ (METROPOLINK).

Festivalleiter und Kurator Pascal Baumgärtner hat sich das Konzept ausgedacht und damit Heidelberg über die Jahre in ein imposantes Open-Air-Museum für Streetart verwandelt. Ein Museum für Alle, welches rund um die Uhr geöffnet hat.

FAHRRADFAHREN IM MUSEUM? – IN HEIDELBERG ERLAUBT!

Die Stadt ist riesig wenn es um Streetart geht, aber dennoch flächenmäßig klein genug, um sie mühelos in einer entspannten Fahrradtour zu erradeln.

An einem sonnigen Frühsommertag mache ich genau das und besuche einige Streetart Highlights in Heidelbergs Open-Air-Museum.

Ab aufs Rad und los gehts zur Streetart Tour by bike…

STRECKENFAHRPLAN

  1. ROHRBACH | SWEETUNO + FORMULA76 (2017)
  2. SÜDSTADT | HERAKUT + LIMOW (2016)
  3. WESTSTADT | DANNY FIGUEROA AKA WESR (2016)
  4. WESTSTADT | WOW123 + CASE MACLAIM (2017)
  5. WESTSTADT | ZEST (2017)
  6. HAUPTBAHNHOF | PICHIAVO (2020)
  7. ALTSTADT | JULIA BENZ (2019)
  8. BERGHEIM | WE.N.U (2020)
  9. NEUENHEIM | DANIEL THOUW (2015)
  10. NEUENHEIM | GRAFFITI SKATEPARK
  11. BERGHEIM | KERA + WOW123 (2015)
  12. BERGHEIM | SMASH137 (2015)
  13. ROHRBACH | ALL YOU CAN SPRAY

ROHRBACH | SWEETUNO + FORMULA76 (2017)

Meine Tour starte ich ganz im Süden Heidelbergs, in Rohrbach.

Das erste Kunstwerk auf meiner Tour ist eine im Jahr 2017 entstandene Wand, eine Zusammenarbeit von SweetUno und Formula76. Sie trägt den Titel ‚Future – Past‘. Das futuristische Mural steht im Kontrast zur Fassade des urigen Hauses in der Karlsruher Straße 80 und fügt sich dennoch perfekt in die Umgebung ein.

SÜDSTADT | HERAKUT + LIMOW (2016)

Weiter geht es Richtung Norden in Heidelbergs Südstadt, in die Philipp-Otto-Runge-Straße 1| Ecke Römerstraße. Der spanische Künstler LIMOW hat 2016 hier märchenhafte Fabelwesen in imposanter Größe auf die Wand gebracht. Sie sind charakteristisch für seinen Stil. Allein mit schwarzer Farbe erzählt er ganze Geschichten in nur einem Bild. Seine kleinen und großen Märchengestalten findet man an verschiedenen Orten in ganz Heidelberg. Ich bin ganz verliebt in das kleine, fliegende Eichhörnchen mit der Pyramide <3.

In direkter Nachbarschaft hat das Künstlerkollektiv „HERAKUT“ ein beeindruckendes Mural geschaffen. Herkut, das sind Jasmin Siddiqui (HERA) und Falk Lehmann (AKUT). Hera zeichnet mit schnellen Strichen die beeindruckenden Umrisslinien, während Akut die fotorealistischen Details beisteuert- die perfekte Symbiose. Ihre large-scale Murals sind unverkennbar: man findet sie überall auf der Welt.

WESTSTADT | DANNY FIGUEROA AKA WESR (2016)

Dann wieder ab aufs Rad und hinein in die wunderschöne Weststadt. Die Heidelberger Weststadt entstand weitestgehend im 19. Jahrhundert und viele der Gründerzeitbauten, Villen und Grünanlagen sind noch immer erhalten. Seit 2012 steht die Weststadt als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.

Umso erstaunlicher ist es, dass man auch hier Wandgemälde findet.

Am Römerkreis hat Danny Figueroa aka WESR, geboren in Peru, eine lateinamerikanisch anmutende Person an die zuvor triste Fassade gebracht. Heute ist ein strahlend schöner Tag, aber WESR’s Mural strahlt mit seinen pulsierenden Farben auch an grauen Tagen über die Stadt.

WESTSTADT | WOW123 + CASE MACLAIM (2017)

Direkt um die Ecke haben Markus Genesuis aka WOW123 und Case MacLaim sich im Kollektiv über einer Tankstelle verewigt.

Die für WOW123 typische Testbild-Farbexplosion verschmilzt mit MacLaim’s meisterhaft gesprayten Händen. Man kann dieses Mural sogar vom oberen Gaisbergweg aus sehen, hoch über der Stadt. Diesen Spot besucht man am Besten bei einer sportlichen Berglaufrunde oder einer Wanderung zum Ehrenfriedhof. Für unsere chillige Fahrradtour ist das heute nichts.

WESTSTADT | ZEST (2017)

Ein bisschen zickzack um den Römerkreis herum und zurück erreichen wir Franck Notos aka ZEST gestaltete Fassade der Stadtwerke Heidelberg. ZEST stammt aus Montpellier, seit 1961 die Partnerstadt von Heidelberg in Frankreich.

ZEST hat ein großes Stück grauer Fassade aus der Wand gerissen, um einen Streifen pulsierender Farbe zu enthüllen. Steht man davor, wandert der Blick automatisch nach unten, auf der Suche nach den Resten des alten, grauen Fassadenputzes. Die Dreidimensionalität dieser epischen Wand erstaunt mich jedes Mal auf Neue.

HAUPTBAHNHOF | PICHIAVO (2020)

Und wo wir schon bei epischen Wänden sind – nur einen Steinwurf von ZEST entfernt, im Heidelberger Hauptbahnhof, erhebt sich PICHIAVOs: „Ganymed mit dem Adler“ in luftiger Höhe. Das Mural befindet sich an der Nordwand des Bahnhofsgebäudes – also Fahrrad parken und nichts wie hinein in den Bahnhof.

Das Empfangsgebäude des Heidelberger Hauptbahnhofs aus dem Jahr 1955 wurde vom Architekten Helmuth Conradi entworfen und steht seit 1972 unter Denkmalschutz. Durch die Verglasung zu beiden Seiten wirkt die Halle luftig leicht und ist eines meiner Lieblingsgebäude in Heidelberg.

Das Künstlergespann PICHIAVO ist weltweit bekannt für seinen Culture Clash aus Graffiti und griechisch-römischer Skulptur, getaucht in eine Farborgie, als wäre die Sesamstraße explodiert. Eine brillante Verschmelzung von klassischer Kunst und Urban Art. Mehr Infos zur Wand findest du auch hier.

Wenn du nun versunken vor PICHIAVOs Fassade stehst, dreh dich doch mal um, denn genau in deinem Rücken ist das Sgraffito „Helios mit dem Sonnenwaagen“ von JoKarl Huber aus dem Jahr 1955 angebracht und bildet somit die perfekte Ergänzung zu „Ganymed mit dem Adler“.

Zurück auf die Erde und rauf aufs Rad…

ALTSTADT | JULIA BENZ (2019)

Entlang eines neu ausgebauten Radwegs nehme ich Kurs auf Heidelbergs pittoreske Altstadt.

Genau hier hat Julia Benz, lebt und arbeitet in Berlin, eine geniale Fläche ergattert. In der parallel zur Fußgängerzone verlaufenden Plöck bot sich ihr die Gelegenheit , die sieben Rundbögen des Wichernheims zu bespielen. Das Wichernheim ist eine Einrichtung der evangelischen Stadtmission Heidelberg und kümmert sich unter Anderem um die Wiedereingliederung wohnungsloser Menschen.

Ich verfolge Julias künstlerische Entwicklung schon seit mehreren Jahren und bin begeistert von der immerwährenden Weiterentwicklung und Diversität ihrer Arbeit.

BERGHEIM | WE.N.U (2020)

Ab aufs Rad und hinaus aus der Altstadt. Quer über den Bismarckplatz, das ist der Knotenpunkt der Bahnen und Busse in der Innenstadt, dann noch die Bismarckstraße überqueren und ich bin nicht mehr weit von der nächsten Attraktion entfernt. Seit diesem Jahr (2020) gibt es hier ein nigelnagelneues Mural vom Künstlerkollektiv WE.N.U. Es befindet sich am Luisenhaus des KFG, Heidelberg Slang für Kurfürst-Friedrich-Gymnasium, in der Luisenstraße 1-3.

Das Mural empfängt mich mit dem aufbrausenden Gewusel eines überdimensionalen Wimmelbildes. Zwei Riesen sitzen auf einer Eisscholle inmitten einer sich auftürmenden Stadt und fischen im Trüben. Ich höre schon fast das Knirschen der Eisscholle und das brodelnde Poltern der sich aufstapelnden Fassaden.

Vollkommen reduziert auf die Farben: schwarz, weiß und grau, konzentriert sich der Blick des Betrachters auf das Geschehen im Innern des Bildes und saugt ihn ganz und gar hinein in seine surrenden Straßen. Ein fast schon meditativer Moment.

Einen ausführlichen Bericht über die Wand findest du hier: WE.N.U | KOMPOSITION EINER GEMEINSAMEN KAKOPHONIE | METROPOLINK 2020.

So völlig entspannt schwinge ich mich auf mein Rad und mache ich mich auf in Richtung Daniel Thouws ehemaligem Mural an der Uferstraße 5, auf der gegenüberliegenden Neckarseite. Von dort aus führt mich mein Weg am Neckar entlang direkt zum Graffiti Skatepark.

NEUENHEIM | DANIEL THOUW (2015)

Leider ist Daniel Thouws‘ Mural an der Uferstraße 5 nicht mehr vorhanden. Das Haus musste renoviert werden und im Zuge dessen wurde auch die Fassade neu gestrichen. Aber das ist auch das spannende an Streetart – sie ist immer temporär und vergänglich. Die Stadt verändert sich ständig und so auch die Kunst in ihr.

Auf der der Altstadt gegenüberliegenden Neckarseite liegt der Stadtteil Neuenheim. Von hier aus kann man den wunderschönen Philosophenweg erklimmen. Er ist Abschnitt des jährlichen Heidelberger Halbmarathons, den ich auch sehr empfehlen kann!

Um nach Neuenheim zu gelangen, überquere ich die Theodor-Heuss-Brücke, von wo aus man den perfekten Blick auf Daniel Thouws Fassade in der Uferstraße 5 hat.

Daniel Thouw ist Co-Kurator des METROPOLINK Festivals. Er ist gebürtiger Heidelberger, lebt und arbeitet auch hier. Daniel hat einen sehr dynamischen Stil, seine Bilder und Fassaden scheinen immer in Bewegung zu sein.

NEUENHEIM | GRAFFITI SKATEPARK

Auf der gegenüberliegenden Brückenseite erstreckt sich die Neckarwiese. Hier kann man sich unter den alten Bäumen ein schattiges Plätzchen suchen und eine kleine Pause machen. Oder, so wie ich das tue, direkt aufs Bike und am Neckar entlang in Richtung Westen nach Bergheim.

Auf dem Weg mache ich einen Abstecher zum Skatepark unterhalb der Ernst-Walz-Brücke. Die Brücke ist eine legale Graffitifläche und verändert sich ständig.

BERGHEIM | KERA + WOW123 (2015)

Den Neckar überquere ich ca. 300 Meter weiter über den Wehrsteg, der in den 20ern des letzten Jahrhunderts gebaut wurde. Er ist ein hinreißendes Stück Industrieromantik (Industrieromantik in Perfektion findest du auch in meinem Bericht über die UrbanArt Biennale in der Völklinger Hütte).

Auf dem Wehrsteg die Augen offen halten, da es hier immer Stencils oder Sticker zu entdecken gibt. Ein bisschen kreuz und quer in Bergheim rumkurven (ich verfahre mich immer) bis hin zur Emil-Maier-Straße 10.

KERA und WOW123 haben hier im Jahr 2015 eine megalange Wand gestaltet. Mindestens 10 Meter lang, schlecht geschätzt.

BERGHEIM | SMASH137 (2015)

Nebenan, in der Eppelheimer Straße 80, steht das ehemalige Hotel Metropol. Schon allein der Titel „ehemaliges Hotel Metropol“ macht es geheimnisvoll. Heute bietet es Unterkunft für geflüchtete Menschen.

SMASH137 hat eine Farbexplosion über dem ehemaligen Hotel gezündet.

Das Camouflage-Mural überzieht fast die gesamte Vorder- und Seitenfront des Gebäudes. Es ist ein genialer Kontrast zur Architektur dieses nüchternen 60er Jahre Baus und bietet Raum für Interpretation.

ROHRBACH | ALL YOU CAN SPRAY

Den Abschluss meiner Tour bildet ein ganz besonderes Streetart-Highlight.

Es geht zurück in den Süden Heidelbergs, nach Kirchheim/Rohrbach in die Hardtstraße 108. Hier befindet sich das Gelände der Spedition Fels. Jede freie Fläche der großen Hallen und sogar LKW-Anhänger sind hier bemalt.

Bitte beachte hier, dass es sich um Privatgelände der Spedition Fels handelt. Merci!

HEIDELBERG, LONDON, PARIS …

Heute habe ich nur einen Teil aller Murals und Kunstwerke besucht. Das war noch lange nicht alles. Heidelberg kann, wenn es um Streetart geht ganz klar auch an erster Stelle genannt werden.

… vielleicht treffe ich dich einmal zufällig bei deiner Tour!

 

5 Idee über “HEIDELBERG – STREETART TOUR BY BIKE

  1. Pingback: Heidelberg – Spätzle, Wein & Wolkenkratzer (7) – Wallygusto

  2. Tim sagt:

    Ich bin begeistert wie du diese Tour beschreibst und die einzelne Wände zeigst und mit kurzen Worte die Künstler vorstellst.
    Freu mich auf die nächsten blog‘s

    • sandralooks sagt:

      Vielen Dank!!! Ich freu mich sehr, dass dir der Artikel gefällt 🙂
      Ich liebe die Wände in Heidelberg und die Stadt. Schön, dass ich das rüberbringen konnte.

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