WALLS CAN DANCE IN HAMBURG | STREETART TOUR DURCH HAMBURG-HARBURG

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Es ist ein klirrend kalter Wintertag in Hamburg. Die Sonne spiegelt sich in den Eiskristallen am Alsterufer und die Möwen streiten sich kreischend am blauen Himmel. Dick eingepackt, den Schal bis über die Ohren, mache ich mich auf den Weg nach Hamburg-Harburg. Dort Tanzen die Wände, hat man mir erzählt.

Das Auto parke ich auf dem Parkdeck der City Galerie, Harburger Ring 17. Was ich jetzt noch nicht weiß, eine großartige Überraschung wartet dort auf mich. Aber dazu später mehr.

Zuallererst einen Kaffee auf die Hand, zum Hände wärmen und fürs Herz. Dann los.

WALLS CAN DANCE | Freiraumgalerie für Urban Art

Seit mehreren Jahren entsteht in Hamburg-Harburg eine Freiraumgalerie für Urban Art im Rahmen des WALLS CAN DANCE Festivals. WALLS CAN DANCE hat sich zum Ziel gesetzt, die zentralen Stadtgebiete „Innenstadt“ und „Binnenhafen“ durch künstlerische Interventionen miteinander zu verbinden.

Dabei sind bisher 13 Murals von international bekannten Künstler:innen geschaffen worden.

Auf der Internetseite von WALLS CAN DANCE findest du viele Infos über die Wände und das Festival und für mich heute am allerwichtigsten: eine Mural-Map!

Möchtest du noch mehr Insiderinfos? Dann begib dich auf einen Mural Walk. Termine und den Anmeldelink findest du hier.

GUIDO ZIMMERMANN „TANZ“ (2019) | Lüneburger Straße 12

Meine Street Art Tour beginne ich direkt in der Fußgängerzone mit Guido Zimmermanns „Tanz“. Inmitten von Geschäften und zahlreichen Menschen (die Hamburger:innen sehen allerdings nicht ganz so verfroren aus wie ich) überstrahlen seine tanzenden und schwebenden Figuren das Grau der Fassaden.

JANA & JS (2019) | Amalienstraße 3

Ein paar Meter weiter um die Ecke finde ich das Mural von Jana & Js. Ein riesenhaftes Mädchen im leichten Sommerkleid macht mich bei Minusgraden leise frösteln. Ich freue mich schon auf den nächsten Sommer! Durch die Stenciltechnik wirkt es in seiner Riesenhaftigkeit trotzdem filigran und illustrativ.

Es strahlt diese wunderbare Ruhe aus, wie die meisten Figuren in Jana & Js Kunstwerken. Anders als in vielen anderen Bildern von Jana & Js jedoch, blickt sie die Betrachter:innen direkt an. Verdeckt ein Auge nur leicht mit einem kleinen Zweig.

DZIA (2019) | Amalienstraße 3

Auf dem Weg zu DZIAs Igel verlaufe ich mich nur leicht, weil ich ihn nicht gleich finden kann. Ich gehe einmal um den halben Block herum, nur um festzustellen, dass sich das Bild direkt neben Jana & Js im Innenhof befindet. Tja, hat nicht umsonst dieselbe Adresse. Aber die größte Freude ist ja immer das finden eines Murals an einem Ort, an dem man es nicht vermutet.

Ein Stück Natur im Grau in Grau.

BERND MUSS „KRAKENMÄDCHEN“ (2022) | Am Wall 13

Auf dem Parkgelände Am Wall 13 finde ich gleich zwei Künstlerwände.

Das Krakenmädchen von Bernd Muss hat es mir besonders angetan. Ich mag die Mischung aus Mensch und Tier sehr gerne und auch, dass er Themen in sein Bild packt, die ich mit dem Norden verbinde. Das Krakenmädchen trägt ein gelbes Kleid und einen Hut, was auf den ersten Blick aussieht wie ein Friesennerz. Es scheint ein stürmischer Tag bei ihr zu sein. Die Kranken(beine)arme erinnern mich an das Meer. Ich liebe den Norden und das Meer. Auch wenn ich eine Frostbeule bin, zieht es mich immer wieder in den Norden.

DAVE THE CHIMP „FREE PARKING“ (2020) | Am Wall 13

Schräg gegenüber treiben Dave the Chimps Human Beans ihr Unwesen. Dave the Chimp setzt seine orange leuchtenden Comic Beans in meist satirischer und politischer Weise in den Kontext mit deren Umgebung. Sicher hast du auch schon eine seiner Bohnen gesehen, wenn du in Berlin, Köln, Hamburg oder einer anderen Großstadt unterwegs warst. Meist findet man sie jedoch nicht als große Wände, sondern im Kleinformat im städtischen Raum.

SABEK „EVASION“ (2017) | Neue Straße 16

In den Bildern des spanischen Künstlers SABEK, spielen Tiere eine wichtige Rolle. Entweder Solo als schwarze Wesen oder im Zusammenspiel mit Personen. Sie bilden durch ihre symbolische Bedeutung eine zweite Ebene im Bild. In EVASION sind die „weißen“ Vögel ein wichtiges Element. Sie sind eigentlich nicht weiß, sondern bilden durch ihre unfarbigkeit Leerstellen im Gemälde. Auf der Seite von KUNST@SH habe ich eine schöne Interpretation gelesen. „Der Blick der jungen Frau wirkt traurig oder desillusioniert. Deutet man die drei Vögel als Friedenstauben, ist der illusionslose Blick der Frau verständlich, da die Vögel nur als Ahnung sichtbar sind, aber tatsächlich im Bild fehlen.“

MILLO (2022) | Wallgraben 48

Die Murals des italienischen Künstlers MILLO kenne ich sehr gut, da wir auch hier in Heidelberg eine sehr schöne Wand von ihm, an der Außenfassade des Hauptbahnhofs haben, die während des METROPOLINK Festivals gemalt wurde. In seinen schwarz-weißen Stadtszenen ist richtig viel los. Den Ruhepol bilden riesenhafte Personen, die mit und in ihrer urbanen Umgebung agieren. Häufig ist auch eine Pflanze abgebildet: die Monstera Deliciosa. Sie wird auch „Studentenpflanze“ genannt, weil sie besonders robust ist und mit wenig auskommt. So auch in MILLOs Stadtszenen.

JUMU MONSTER (2020) | Harburger Schloßstraße 36

JUMU MONTER ist zwar in Hannover aufgewachsen, ihre peruanisch-chilenischen Wurzeln werden jedoch in ihren bunten und wilden Murals lebendig. Sie erschafft surreale Welten in denen Schamanismus und die Symboliken der indigenen Völker der Anden zentrale Elemente und Stilmittel sind.

NEVERCREW (2022) | Harburger Ring 17

Frisch durchgepustet von der steifen Hamburger Brise mache ich mich auf zum letzten Spot meiner Tour durch Harburg – zur Wand des Schweizer Artist Duos NEVERCREW. Sie liegt auch auf dem Weg zu meinem Parkdeck – zumindest nehme ich das an.

Die Inhalte von NEVERCREWS Wänden beschreiben die Beziehungen zwischen Mensch und Natur und zwischen Mensch und System. So stehen die übereinander gestapelten Meeressäuger und der Eisbär im Mural für die Natur und Artenvielfalt, welche durch die Urbanisierung und Ausweitung der Städte in den Hintergrund gedrängt und von der Erdoberfläche verdrängt werden. Das verdeutlichen auch die Häuser im Vordergrund. Die Oberfläche der Tiere ist mit Wolken bemalt, ein Zeichen dafür, dass viele Arten vom Aussterben bedroht und symbolisch schon im Himmel sind.

PARKDECK DER CITY GALERIE | HARBURGER RING 17 | NEVERCREW

Ich entdecke das Mural ziemlich weit oben an einer Wand. An der Wand eines Parkdecks. An der Wand meines Parkdecks! Ich flitze nach oben, über das Deck und um die Ecke: NEVERCREW. Riesengroß und zum Anfassen nah. Von hier oben hat man übrigens auch eine tolle Aussicht.

Durchgefroren aber glücklich steige ich in mein Auto und brause los zu neuen Kunstabenteuern.

Es war ein wunderbarer Tag hier in Hamburg-Harburg. Übrigens ist hier in Harburg auch die Sammlung FALCKENBERG.

SAMMLUNG FALCKENBERG | DEICHTORHALLEN HAMBURG

Die Sammlung Falckenberg beinhaltet ca. 2.000 Arbeiten zeitgenössischer, deutscher und amerikanischer Gegenwartskunst der letzten 30 Jahre. Ich empfehle dir auf jeden Fall eine Führung. Am beeindruckendsten für mich persönlich sind die Jonathan Meese Räume. Frage aber am Besten nach, ob sie Teil deiner Führung sind, wenn du sie besuchen möchtest. In meiner Führung waren sie nicht dabei, aber ich hatte das große Glück, dass ich nach der Führung die Räume alleine zusammen mit dem Guide besuchen konnte.

Die Sammlung findest du hier:

Deichtorhallen Hamburg – Sammlung Falckenberg
Phoenix Fabrikhallen
Wilstorfer Straße 71, Tor 2
21073 Hamburg – Harburg

 

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