IM INNEREN DES DRACHEN – 5. UrbanArt Biennale Völklinger Hütte

KATRE - Industrial factory orange Power 2019

„Gleißendes Feuer, kreischende Glut, Funken zersplittern in der Luft, die Hitze brennt, zerreißt jeden Atemzug. Ich bin im Inneren eines brüllenden Drachen. Ein Koloss aus Eisen und Stahl.“

So stelle ich mir die Arbeit der Stahlwerker im ehemaligen Eisen- und Stahlwerk Völklinger Hütte vor. Unvorstellbar harte Bedingungen, deren Nachhall man noch immer spüren kann. Es macht diesen Ort zu etwas Besonderem. Längst erobert sich die Natur ihren Raum zurück, sprießt und wuchert zwischen Metall und Rost und überdeckt alles mit einer scheinbaren Friedlichkeit.

Heute ist die Völklinger Hütte UNESCO Weltkulturerbe und offen für Besucher auf der Suche nach dem Spirit vergangener Zeiten, für Liebhaber rostig-romantischer Industrieanlagen und seit 2011 auch für alle die, die sich für die urbane Kunst begeistern.

GET THE PARTY STARTED

2011 fand die 1. UrbanArt Biennale mit dem Titel „Urban Art – Graffiti 21“ statt.

8 Jahre später, im Jahr 2019, wurde die nun 5. UrbanArt Biennale eröffnet und meine Zeit ist gekommen! Mein erster Besuch der UrbanArt Biennale und auch der Völklinger Hütte. 120 Kunstwerke von 100 Künstlern aus aller Welt auf 100.000m² Industriekultur. Die für mich weltbeste Kombination: Urban Art und Industrieruinen!

Ich liebe Gebäude, die sich, sich selbst überlassen, verändern und weiterentwickeln. Urban Art entwickelte sich aus vielen verschiedenen Kunstrichtungen, die im urbanen Raum entstehen und stattfinden, wie beispielsweise Graffiti oder Streetart. Sie braucht den Geruch der Straße, das Raue, das Rohe. Natürlich funktioniert Urban Art auch im White Cube oder in Räumen, wie auch bei mir zuhause, aber die Faszination, sie in ihrem „ursprünglichen Lebensraum“ zu erfahren, ist für mich eine ganz besondere.

Die Künstler der UrbanArt Biennale haben nicht nur Leinwände und Skulpturen für die Biennale gestaltet, sie hatten auch die Möglichkeit Installationen für einen „ihren“ selbst gewählten Ort zu entwickeln.

 

NERVENKITZEL UND PANORAMABLICK

Das Stahlwerk an sich ist schon eine imposante Erscheinung. Unfassbar hoch und riesengroß. Die gesamte Stahlpracht ist begehbar über unzählige Treppen, Rampen, freie Ebenen bis hoch hinauf in schwindelnde Höhen auf das Dach der Erzhalle mit Panoramablick. Für mich ist der Höhenausblick ein Grund für eine Therapie, aber eigentlich mag ich den Nervenkitzel auch ein wenig und bisher bin ich jedes Mal ohne Ohnmacht wieder gut unten angekommen.

Panoramablick vom Dach der Erzhalle
Panoramablick vom Dach der Erzhalle

ART IS WHERE THE ORE IS

Über verschlungene Wege, aber gut ausgeschildert, gelange ich in die Möllerhalle, eine Erz-Siloanlage gebaut zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der innere Hotspot der UrbanArt Biennale und der Anfang eines Parcours, der sich über das gesamte Gelände des ehemaligen Stahlwerks erstreckt. Die Auswahl der gezeigten Werke ist wirklich großartig. Leinwände von INTI und Case Maclaim oder eine Übergroße Skulptur von MIST.

ICH BIN IM PARADIES

Der Parcours führt mich weiter nach draußen, hinein in Das Paradies.  Das Paradies schließt sich direkt an das Stahlwerk an und gedieh 25 Jahre lang verschwiegen und unberührt zwischen Kokerei und der naheliegenden Saar. In dieser wildromantischen Landschaft entwickelte Catherine Gräfin Bernadotte von der Insel Mainau pittoreske Gartenräume.

Überall, inmitten dieser schmerzhaft schönen Natur, das imposant, bedrohliche Stahlwerk im Rücken, entdeckt man winzig kleine sowie überdimensional große Stencils und Fassadenwerke, raumgreifende Installationen und Skulpturen. Auf dem gesamten umliegenden Gelände wurden zahlreiche Gebäude und Flächen von Künstlern umgestaltet.

KING KONG UND DIE WEISSE FRAU

Ottmar Hörl beispielsweise hat für die 2019er Biennale einen beeindruckenden, lebensgroßen King Kong – ich weiß nicht sicher wie groß King Kong ist, aber dieser ist 10m hoch und ja, ich würde ihn schon als lebensgroß bezeichnen – geschaffen. Beeindruckend!

„Jeder Besucher kennt die Geschichte des berühmtesten Gorillas der Filmgeschichte, der aus Liebe stirbt. Getötet von einer Menschheit, die sich bedroht fühlt – und lieber zuerst schießt, bevor sie denkt.“ (Ottmar Hörl)

Viele der Kunstwerke werden über die 5. UrbanArt Biennale Bestand haben und können auch danach noch besucht werden. Die alte Industrieanlage ist auf jeden Fall immer einen Besuch wert. Ich mag sie am liebsten bei mystisch trübem Wetter.

Ich sehe schon in unaussprechlicher Vorfreude der 6. UrbanArt Biennale 2021 entgegen – nur noch 5 Mal schlafen (in King Kong Schlaf)!

Headline photo: @kartre_art | industrial factory orange Power 2019 | Völklinger Hütte

 

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