„MEINE INNIGE PASSION FÜR SCHWARZ IST WIE EINE LIEBE, UND DIE LÄSST SICH UNMÖGLICH ERKLÄREN.“ (Soulages – aus dem Katalog zur Ausstellung)
Ich bin ganz aus dem Häuschen, denn heute startet die Ausstellung „SOULAGES. 1946 – 2019“ im MUSEUM FRIEDER BURDA in Baden-Baden. Pierre Soulages ist mein absoluter Lieblingskünstler! Trotz meiner großen Leidenschaft für seine Kunst, ist es erst die zweite Ausstellung, die ich von ihm besuche und die erste, die zu meiner großen Begeisterung die Werke aus der Serie „Outrenoir“ zeigt.
Es ist ein ganz besonderer Tag für mich. Was ziehe ich nur an? Die Auswahl fällt mir nicht schwer, mein Kleiderschrank enthält Schwarzes jeglicher Couleur.
DER BEGINN EINER SCHON MEHR ALS 70 JAHRE ANDAUERNDEN KARRIERE
Pierre Soulages ist ein französischer Künstler. Er wurde am 24. Dezember 1919 in der südfranzösischen Stadt Rodez geboren. Dort gibt es auch das wunderbare musée soulages – steht auf meiner Reiseliste! Im letzten Jahr (2019) feierte er seinen einhundertsten Geburtstag und arbeitet trotz seines hohen Alters täglich in seinem Pariser Atelier an seinen großformatigen Bildern. Sein ganzes Leben schon ist er von der Farbe Schwarz fasziniert. Nicht Schwarz als einfache Farbe, sondern Schwarz als Schöpfer von Licht.
Es gibt eine kleine Anekdote aus Pierre Soulages Leben, die er gerne erzählt: „Als kleiner Junge malte ich immer mit schwarzer Tinte, obwohl man mir Buntstifte schenkte. Eines Tages malte ich schwarze Linien in mein Schulheft und meine ältere Schwester fragte mich: ‚Was machst du denn da, kleiner Pierre?‘ Ich antwortete Ihr: ‚Ich male Schnee.‘ Die Erwachsenen verstanden das nicht. Ich wollte das leicht hellgraue Papier stärker weiß leuchten lassen.“
Ein für mich spannendes Detail seines Lebenslaufs ist, dass er sich 1941 an der École des Beaux-Arts in Montpellier einschrieb, da Montpellier die französische Partnerstadt meiner geliebten Heimatstadt Heidelberg ist. Dort lernte er übrigens im Frühjahr 1941 Colette Llaurens kennen und heiratete sie im Oktober 1942. Die beiden sind seit 78 Jahren verheiratet!
Bekannt wurde Pierre Soulages als ganz junger Künstler, als eines seiner Werke von Ottomar Domnick 1948 für die Wanderausstellung Große Ausstellung französischer abstrakter Malerei ausgewählt und an sieben Stationen in Deutschland gezeigt wurde. Eines seiner Bilder wurde sogar für das Plakat der Gruppenausstellung gewählt. Das war der Beginn einer schon mehr als 70 Jahre andauernden Karriere.
SOULAGES IM MUSEUM FRIEDER BURDA
Die Ausstellung im MUSEUM FRIEDER BURDA zeigt eine Retrospektive seiner Arbeit über fast 75 Jahre hinweg. Von seinem allerersten, je auf einer Ausstellung gezeigten Gemälde, bis zu den drei fast 4 Meter hohen Bildern aus dem Jahr 2019, die zu Ehren seines 100. Geburtstages in einer außergewöhnlichen Hommage-Ausstellung im Musée du Louvre gezeigt wurden.
Die Kuratoren Udo Kittelmann – Direktor der Berliner Nationalgalerie und Alfred Pacquement – ehemaliger Direktor des Pariser Centre Pompidou und guter Freund von Pierre Soulages haben 58 Werke aus Soulages Œuvre für die Baden-Badener Ausstellung ausgewählt.
Die lichtdurchflutete, luftige Architektur des MUSEUM FRIEDER BURDA, geschaffen vom Architekten Richard Meier, bieten den perfekten Raum und Fläche für Soulages Bilder. Auf drei Ebenen entfaltet sich die Symbiose von Schwarz und Licht.
Ich bin überwältigt von den Arbeiten, die in der Ausstellung gezeigt werden. Die Rot-, Blau- und Gelbtöne seiner frühen Werke, die versuchen aus dem in mehreren Schichten aufgetragenen Schwarz auszubrechen, nur um alle Farben zu befreien, die im Licht gebündelt sind. Es ist eine Besonderheit, dass man sein Werk in einer solchen Bandbreite bestaunen kann.
OUTRENOIR – JENSEITS VON SCHWARZ
Seit seinen Anfängen als Künstler entwickelte er seine Arbeit mit der Farbe Schwarz weiter, hin zu dem, was er heute „Outrenoir“ – „jenseits von Schwarz“ nennt. Er bildet Reliefstrukturen auf einer Oberfläche, indem er mit Spachtel und Pinsel mehrere Schichten schwarzer Acrylfarbe – seit 2004 arbeitet er ausschließlich mit dem Malmittel Acryl – aufträgt und mit verschiedenen Werkzeugen in die dicke Farbschicht eingreift. Die Strukturen reflektieren das Licht – er schafft Licht aus dem Schwarz – er malt mit Licht.
„Outrenoir ist kein optisches Phänomen – es ist ein psychischer Zustand, den man erreicht, wenn man tief hineinschaut, es ist jenseits von Schwarz.“ (Privatansicht: Pierre Soulages | nowness.com)
Soulages verwendet keine herkömmlichen Instrumente für seine Malerei. In seinem Atelier findet man Pinsel, Bürsten, Spachtel und große Eimer voll schwarzer Acrylfarbe. Die Wahl des Malinstruments hängt immer von dem ab, was das Bild gerade benötigt, auch wenn das ein Stück Holz ist, das zufällig in seinem Atelier herumliegt. Aber das eigentliche Werkzeug, das seine Malerei bestimmt, ist das Licht. Es leitet den Prozess und das, was auf der Leinwand passiert, an. Das Schwarz ist die Oberfläche auf der sich das Licht entwickelt. Es ist ein geheimes Licht, ein Licht, das nicht offensichtlich ist. Es verändert sich ständig. Der Betrachter ist deshalb auch immer Teil der Arbeit.
Ein sehr schönes, 3-minütiges Filmchen über Pierre Soulages und seine Arbeit in seinem Pariser Atelier findest du auf NOWNESS.
SANDRA IM ZAUBERLAND AUS SCHWARZ UND LICHT
Im Erdgeschoss ist Raum für seine Bilder der Serie „Outrenoir“. Die großformatigen, schwarzen Werke hängen beeindruckend und sakral anmutend an den Wänden und teilweise auch mitten im Raum. Sie wirken wie Mauern. Das ist von Soulages durchaus so beabsichtigt. Sie bilden Mauern aus Licht.
Ich liebe jedes einzelne seiner Bilder, aber zwischen seinen Werken des „Outrenoir“ fühle ich mich wie in meinem natürlichen Lebensraum. Ich könnte mich stundenlang zwischen diesen geheimnisvoll leuchtenden Gemälden verlieren.
Ich bewundere Soulages so sehr für seine Konsequenz in der Arbeit mit der Farbe Schwarz. Die Art seiner Malerei hat sich über die Jahre verändert, aber der Inhalt, die immerwährende Suche nach dem Licht, ist immer konstant. Schwarz ist auch meine Lieblingsfarbe – Die Leute sagen zu mir: „Du trägst immer Schwarz, du musst doch ständig traurig sein“ oder „Immer Schwarz ist doch langweilig.“ – aber Schwarz ist nicht nur eine Farbe oder keine Farbe.
Der Grund für mich Schwarz zu lieben ist, dass es unendlichen Raum für alles andere lässt, um zu reflektieren, um tief hinein zu tauchen. Schwarz lässt Raum für Interpretation und ist dennoch absolut. Verschluckt das Licht und gibt es in anderer Form zurück – es geht über das SCHWARZE hinaus – es ist OUTRENOIR.
… und natürlich weil es klasse aussieht 🙂
MUSEUM FRIEDER BURDA | WAS GIBT ES NOCH UND WIE FINDE ICH DA HIN?
Das MUSEUM FRIEDER BURDA bietet während der Dauer der Ausstellung viele spannende Veranstaltungen, Führungen und Workshops für Kinder und Erwachsene! Du findest alles auf der Website des Museums. Ich liebäugle selbst mit dem Workshop „Outrenoir – Jenseits von Schwarz“! Haha, wer hätte es gedacht 😉
Das Museum hat immer tolle Ausstellungen, wie zum Beispiel James Turrell „Substance of Light“ – meinen Artikel dazu findest du hier.
MUSEUM FRIEDER BURDA | Lichtentaler Allee 8b | 76530 Baden-Baden
Ich war sicher nicht zum letzten Mal in dieser Ausstellung und vielleicht treffen wir uns ja einmal zufällig dort!
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